ZUKUNFTSWERKSTATT | Nr. 2 | 22.10.2020
 
Zwei Jugend-Veranstaltungen im Jahre 1965 in der "Bühne der Stadt Siegen" markieren eine Trendwende in der Geschichte des "frommen" Siegerlandes. Zunächst veranstaltet ein junger Berufsschul-Lehrer ein Konzert mit der schottischen Band The Heralds und dem Fietz-Team als Vorgruppe, später organisieren ein CVJM-Kreissekretär, ein Bank- und ein Versicherungskaufmann einen großen Jugendabend an selbiger Stelle und weil beides so gut besucht war, schloss man sich zusammen und veranstaltete jedes Jahr zur Faschingszeit drei Jugendabende. Das Ganze nannte sich dann Offener Abend Siegen (OAS) und als "die Bühne" zu klein wurde, wechselte man in die drei mal so große Siegerlandhalle. Über 35 Jahre prägten die OAS das Siegerland und Umgebung. Zu den besten Zeiten besuchten 10.000 Jugendliche die drei Abende, die teilweise sogar in zwei Hallen stattfanden.

Dieserlei Großveranstaltungen für Jugendliche und junge Erwachsene gab es viele in den 60-er, 70-er und 80-er Jahren. Der Offene Abend Stuttgart bot ein ähnliches Programm und es gab sogenannte Jugendtage wie den Rhein-Main-Jugendtag in der Höchster Jahrhunderthalle, den Niersteiner Jugendtag in Nierstein oder den Ahldener Jugendtag in Krelingen. Überall fanden sich hunderte und tausende junge Menschen ein und es entstanden junge Bands, die mit ihren Liedern zum Sprachrohr der geburtenstarken Jahrgänge wurden. "Alles begann bei musikalischen Offenen Abenden in Siegen mit bis zu 10.000 Besuchern aus ganz Deutschland. Hier spürte Siegfried Fietz schnell, dass neue, deutschsprachige Lieder gebraucht würden, die seine Generation mitsingen wollte. Da ihm das Schreiben von Liedern leicht fiel, schrieb er für jeden dieser OAS-Abende neue Lieder und so entstanden die ersten Lieder des Fietz-Teams."

Der erwähnte junge Mann war damals Berufsschüler und Anfang 20 und schon bald entwickelte er deutliche Bestrebungen, mit seiner Musik und seiner Band eigene Wege abseits der Offenen Abende und der Gemeinden zu gehen. Gleichwohl hat das "Fietz-Team" das Profil der OAS in den Anfangsjahren wesentlich geprägt, aber auch Bands wie Doctrine Jesus, die Joy Singers und at light gehören ins Bild. Ohne es zu wollen oder zu wissen, wurden diese Gruppen zum Vorbild für eine nachfolgende Generation von Bands, die ihrerseits weitere neue Akzente setzen konnten.

Die erste Langspielplatte des Fietz-Teams trug den programmatischen Titel "Countdown zur neuen Welt" (1969) und die die neuen Lieder wurden nicht nur positiv aufgenommen, denn sie drückten auch Protest aus. Die ersten Schallplatten (Single) und Langspielplatten (LP) der jungen Miusikergeneration wurden von den älteren Jahrgängen als Angriff auf bewährte Traditionen und die Substanz der evangelikalen Frömmigkeit verstanden, die im Siegerland durchaus landschaftsprägend war. Damals gab es große kirchliche und freikirchliche Gemeinden, große CVJMs mit ebenso großen bis riesigen Jugendgruppen, Evangelische Vereinshäuser in allen Orten und Siegener Stadtteilen und die bedeutende bundesdeutsche "Allianz-Konferenz" im Vereinshaus Hammerhütte. Jugendabende und Jugendwochen boten jungen Bands Spielmöglichkeiten ohne Ende, zudem gab es in jedem Ort mindestens einen christlichen Jugendchor…

Diese Zeiten sind lange vorbei, viele Gemeinde- und Vereinshäuser und Kirchen sind geschlossen und derart massive Ansammlungen junger Menschen in christlichen Veranstaltungen sind schon lange nicht mehr vorstellbar. Aber auch heute leben junge Menschen in der Region, die nach Angeboten in ihrer musikalisch-kulturellen Sprache suchen und es gibt es junge Erwachsene, die privat und beruflich in ihrer neuen Heimat ankommen und ihr Lebensumfeld (mit)gestalten wollen. Die Offenen Abende waren im Kern eine Privatinitiative von Neu-Siegerländern, die sich abseits der Gemeinde- und Vereinsszene konstituierten und etablieren konnte, weil sie auf eine immense Nachfrage seitens des jugendlichen Gemeindepublikums traf, das nach einer eigenen Lebens- und Glaubenskultur suchte und aus den Traditionen ausbrechen wollte. Für Insider gab es damals tatsächlich das "fromme/erweckte Siegerland" De facto konnte man jedoch trotz des guten Besuchs der OAS erkennen, dass es deutlich mehr junge Menschen gab, die dem christlichen Gedankengut abweisend oder gleichgültig gegenüber standen.

Das Vorbild des Fietz-Teams und der anderen Bands der ersten Generation hat viele junge Musiker inspiriert und initialisiert, deren späterer Erfolg in der "musikmissionarischen" Betätigung auch auf einem guten musikalischen Handwerk und dem Mut, eigene Wege zu gehen und die eigene Sache gegen alle Widerstände durchzuziehen basierte - und letztlich auch auf einer guten Verortung im gemeindlichen Umfeld, was jedoch nie automatisch mit einer Gemeindezugehörigkeit gleichzusetzen ist. Kreativität braucht Freiraum zur Entwicklung und Bewährung und Kreativität wird immer den Weg (Angebot) zu einem "eigenen" Publikum suchen und bei den Menschen landen, die das Interesse (Nachfrage) haben, Musik zu hören, die ihre Gefühle und Gedanken authentisch in Liedern und Texten aufgreift und ihnen Ausdruck verleiht. Musikern, die dies umzusetzen verstehen, wird man zu jeder Zeit und somit auch "nach Corona" gerne zuhören wollen.

38 Jahre OAS waren geprägt von Musikern/Bands, die ganz selbstverständlich ihre eigenen Lieder spielten. Für junge Musikmachende unserer Tage ist dagegen das Covern Normalität. Man spielt Lieder, die das Volk hören bzw. singen will. Der Raum für Kreativität ist beschränkt, weil nicht gewollt und auch nicht gefordert. Zudem geht das durchaus legitime Interesse der Gemeinden dahin, musikalische Talente in den eigenen Reihen halten zu wollen. Eine Perspektive für die Zukunft ist dies nicht. Ein gegenteiliges Verhalten wäre notwendig. Wer in der Gemeinde besonderes musikalisch-künstlerisches Talent entwickelt, der sollte gefördert und "rausgeschickt" werden, um Menschen mit Musik das Evangelium nahe zu bringen.

Es ist wieder an der Zeit, dass die jungen (und alten) Musiker Eigenkreativität und Eigeninitiative entwickeln. Junge Musiker müssen wieder wilde Lieder schreiben und spielen und sich ihr eigenes Publikum erobern, genau so wie es Musikergenerationen vor ihnen getan haben. Wenn es eine "gute" Tradition gibt im Siegerland, dann ist dies ein gelebter, bodenständiger Glaube, der in angesagter Musik seinen Ausdruck findet und von den Menschen verstanden wird. Dieser Liedtext des Fietz-Teams ("Du meinst, die Welt muss anders werden") aus dem Jahr 1970 mag auf den ersten Blick etwas umständlich klingen, aber er hat absolut nichts an seiner Aktualität verloren:

Du meinst, die Welt muss anders werden, so wie sie ist, ist sie nicht gut.
Nicht gut sind Kriege auf der Erde, nicht gut sind Hunger, Angst und Not.
Nicht gut ist wenn die Menschen hassen, dass einer schwarz ist und nicht weiß.
Und auch nicht gut, dass sie gehorchen, sogar wenn man sie töten heißt.
Es ist nicht gut, dass viele arm sind und einige im Überfluss.
Und dass die Wenigen bestimmen, wie lang der Andere arm sein muss.
Und Jesus sagt, du bist das Falsche, du bist es, der sich ändern muss.
Du willst die ganze Welt verändern und selber bleiben, wie du bist.
Verändern willst du mit den Mitteln, die du bei diesen anderen siehst.
Mit Macht und Kampf, mit Blut und Tränen - mit allem, was die Welt so kennt.
Und Jesus sagt, lass dich verändern, dann ändert er durch dich die Welt
Und Jesus sagt, lass dich verändern, dann ändert er durch dich die Welt.

Welche Texte müsste man heute schreiben, die das Lebensgefühl unserer Zeit formulieren und die "gute Nachricht" transportieren können? Über welche Themen spricht man heute? Braucht es überhaupt noch "zeitgenössische christliche Musik" (Contemporary Christian Music) als Kulturgut? Das Kennzeichen "guter" Musik ist, dass man ihr zuhört und die Lieder ihren Platz im Leben der Menschen finden. Alles andere wird vielleicht ganz nett sein, aber nie relevant. Eigentlich müssten die heutigen jungen Musikergenerationen in der Lage sein, sehr vieles besser zu machen als ihre alt und grau gewordenen Vorfahren, aber von neuer, frischer Musik sieht und hört man nichts.

Unsere Eltern haben immer unser Sendungsbewusstsein in Sachen christlicher Musik kritisiert, aber mit den Ergebnissen haben auch sie gut leben können. Wer etwas mitteilen will in seinen eigenen Worten und Tönen, der wird nicht unbedingt offene Türen vorfinden. Für diesen Kampf um jeden Zentimeter mehr Wahrnehmung und Interesse braucht es viel Energie und einen "langen Atem". Ich bin davon überzeugt, dass das Kreativpotenzial auch heute vorhanden ist, und das bei "jung UND alt". Aber es muss ausgegraben und aktiviert werden. Vielleicht braucht es einfach nur wieder ein paar Impulse von außen, die den Dornröschenschlaf beenden…

Hans-Martin Wahler



Zuschriften


29.10.2020

Lieber Hans-Martin, Glückwunsch zu deinem großartigen Artikel! Du hast die Dinge schön auf den Punkt gebracht. Respekt! Da ich den abgeklärten Blickwinkel der Boomer-Generation mit dir teile, hier ein paar ungeordnete Gedanken zur Weiterverwertung:

- Evangelikale, Pietisten und Charismatiker haben im Fokus den persönlichen, erlebbaren Gott. Das ist eine feine Sache, die man nicht hoch genug schätzen kann. Leider koppeln sie diese Erfahrbarkeit Gottes häufig an eine fundamentalistische Weltsicht (z. B. Chicago-Erklärung), was eigentlich unnötig ist, viele Kollateralschäden mit sich bringt und viele Leute abschreckt. Im 20. Jh. waren ideologische Zuspitzungen weit verbreitet und erfolgreich, im 21. Jh. funktionieren sie nicht mehr, weil pragmatische Lösungen fürs Überleben gefunden werden müssen (Klima etc.).

- Die große Aufgabe der Erneuerung des Christentums in Europa besteht darin, den spirituellen Schatz, der häufig in engen, fundamentalistischen Gefäßen weitergegeben wurde, zu nutzen und nach dem Sauerteig-Prinzip in die Gesellschaft einzubringen. Wir müssen sozusagen den Geist Jesu aus der Flasche lassen. Als Fundament sollte nicht mehr der Buchstabe, sondern der Geist des Neuen Testaments gelten, zugespitzt zu finden in der Bergpredigt und im 1. Korintherbrief. Diese beiden Texte sind aktueller denn je, wenn die Menschheit überleben will. Für die muss man sich auch kein bisschen schämen, sondern kann sie sehr stolz vertreten.

- Ein Hilfsmittel auf diesem Weg könnte sein, weniger mit Begriffe wie "Wahrheit" und „"Glauben" zu hantieren und dafür mehr von "Wahrhaftigkeit" und "Vertrauen" zu sprechen. Und natürlich - ähnlich wie WWJD - sich bei jeder Handlung und jedem Streitpunkt statt "Ist das erlaubt?" die Frage zu stellen: "Dient das der Liebe?"

- Ich plädiere als Motto für "Sundays for future"…

Martin Schultheiß (Duo Camillo)


 
27.10.2020

Hallo Hans-Martin, das, was du geschrieben hast, berührt mich sehr und ich danke dir dafür. Meine Reaktion drauf schwebt einerseits zwischen dem Gefühl der Hoffnung und andererseits zwischen Sinnlosigkeit. Ich glaube, ganz abgesehen davon, ob du oder ich oder viele andere Menschen gute Lieder schreiben könnten, ist, dass es Leute gibt, die an andere glauben und sich nicht zu schade sind, zu motivieren ohne zu belächeln, fernab vom Modernitätswahn. Deswegen ist es wunderbar, dass du so etwas schreibst. Ich halte dies für meine persönliche Situation für weitaus wichtiger, denn mir geht es so, dass ich durch meine Berufe als Popkantorin und Musiklehrerin zwar ständig andere motiviere (und motivieren muss), dass aber davon, wenn überhaupt, nur ein Bruchteil für meine persönlichen Musikproduktionen ankommt und es mit der Motivation für diesen produktiven Bereich eher mau ist, weil der Sinn etwas fehlt. So geschehen bei mir Produkte dieser Art still und heimlich und nur, wenn sie sich mir ganz persönlich von selbst aufdrängen. Sie warten dann auf den richtigen Zeitpunkt, wenn er denn kommt oder wenn er nicht schon durch Lebensereignisse zerstört wird. Außerdem fühle ich mich komisch und unwohl, wenn ich mich immer wieder dazu gedrängt sehe, ganz "egoistisch" auf die Pauke hauen zu müssen und mich zu präsentieren, denn meine Musik gehört Gott und ich vertraue wie blöd darauf, dass er irgendwann den Vorhang herunterzieht, wobei ich ich vielleicht auch ahne, dass es nie passieren könnte. Ich bin in dieser Hinsicht scheinbar schizophren, dass ich mir so wenig selbst helfen kann. Sicherlich tragen Rückschläge der letzten Jahre zu dieser Einstellung bei, deswegen mache ich in Ruhe und Langsamkeit die Aufträge, die für mich anstehen und warte ab und genieße die Ruhe, die ich in aller Heimlichkeit auch mal haben darf. Vielleicht tun es alle anderen ja auch, weil der Anstoß noch nicht da ist. Ich glaube tatsächlich, dass der musikalisch-christliche Umbruch noch vor uns steht und die Zeitströmung noch nicht reif ist. Auch das Nordheller Christliche Musikertreffen, welches ich schon öfter besucht habe, hat sich für mich eher als kontraproduktives Haifischbecken erwiesen, in dem die Show einfach weiterging. Hinzu kommt, dass ich inzwischen, was "christliche" Musik betrifft, mit zweierlei Maß messe: Musik für/mit der Gemeinde ist zu einem Teil ganz bewusst schlichter gestrickt und muss darauf achten, dass Menschen mitsingen und nicht in erster Linie beurteilen. Fachleute würden in diesem Zusammenhang nicht von "Kunst" reden. Ich halte das für nicht richtig. Das andere Maß ist tatsächlich hochwertige Musik, die für die Gemeindelandschaft jedoch meistens zu teuer ist. In der Kirchengeschichte wurden bewusst Lieder ausgegrenzt, die der kirchlich-dominierenden Denkweise als zu pietistisch und schlicht erschienen. Diese Lieder haben jedoch, oh Wunder, teilweise doch überlebt. Beispiele dafür sind die anglikanischen Hymnen mit wunderschönen Melodiebögen und gehaltvollen Texten über die Beziehung zu Jesus. Das war ja viel zu pietistisch und unmännlich. Oder Lieder wie "So nimm den meine Hände", welches von Kirchenkantoren bis heute belächelt wird. Wo aber nun kämpferische Lieder kommen sollen, muss die Situation, denke ich, aufgeladen und frustriert sein und es muss eine Form von Krieg her, denn dann scheint die Not groß genug zu sein. Oder? Wollen wir das? Vielleicht gehen wir mal zu unserem Schöpfer und besprechen das mit ihm- er muss nur mit dem Finger schnipsen, dann kann es fließen, wenn jeder seinen Job macht. Ich sage dir danke, dass du mir das heute geschrieben hast und ich werde das Ganze jetzt mal sacken lassen.

Mit lieben Grüßen ins Siegerland

Christine Beatrix Fischer


 
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6.10.2020

Lieber Hans-Martin, vielen Dank für die Zeilen die du schreibst. Wir versuchen hier gerade auch neue Bands zu gründen und Mut zu machen an Workshops teilzunehmen. Nicht immer einfach obwohl gute Talente vorhanden sind Uns nervt die Corona Krise gerade sehr und in Betracht der neuen Regelungen, die in Kraft treten, werden unsere Bemühungen die zwei Bands die wir unterstützen wollten, eine Neugründung davon, leider ins Pandemie Wasser fallen. Insgesamt wünschen wir uns das auch, was du schreibst und es findet zumindest sehr stark meine Unterstützung. Wie immer braucht es aber meines Erachtens nach Menschen, ähnlich der Personen welche die OAS gründeten, die bereit sind Risiken einzugehen und vor allem regelmäßig am Ball bleiben. Wie das geschehen kann und wer das ist, kann ich noch nicht sagen. Mache aber grundsätzlich gerne mit, da mein Dienstauftrag eben auch die Förderung der musikalischen Arbeit betrifft. Mut machen könnte auch die Stellenausschreibung für den Jugendreferenten der Region 5. Dort wird ein musikalischer oder erlebnispädagogischer Schwerpunkt gewünscht. Mal sehen was es wird. Insgesamt bin ich am Austausch interessiert, sehe aber gerade mal wieder, Corona bedingt, einen großen Stein im Weg nach vorne. Wir haben aber auch ein Motto hier bei uns im Büro: Wir bleiben fröhlich! In diesem Sinne: weiter so oder anders weiter oder wie auch immer ;-)

Viele Grüße und GOTTes Segen

Bolko Mörschel



26.10.2020

Hallo! Danke für den letzten Newsletter. Es hat mich nachdenklich gemacht. Als 54-jähriger, der geistlich in einem typischen konservative Vereinshaus (Sonntagschule, Jungschar, etc…) aufgewachsen ist, war die Auseinandersetzung mit Ältensten/Eltern in Bezug auf die Musik-Ausrichtung eine wesentliche Prägung für mein Christsein in jungen Jahren. Wir hatten uns sehr stark mit „moderner“ Musik identifiziert, wobei die erwähnten „offene Abende“ in der Siegerlandhalle und insbesondere eure Musik mit Damaris Joy eine wesentliche Rolle spielten. Später waren die Konzerte mit Petra sehr prägend und auch die CRN in Ennepetal. Die Frage nach der Musik war nicht nur eine Geschmacksfrage, sondern ging weit darüber hinaus, da es unser Christsein raus aus der Enge in eine Weite geführt hat, ohne die „biblischen Basis“ zu verlieren. Wir haben für unsere Musik und Ansichten kämpfen müssen und das ist bis heute sehr prägend. Wir wissen genau, warum wir was glauben! Was mich umtreibt ist die Tatsache, dass die nachfolgenden Generationen diesen „Kampf“ für ihren Musik und Glauben nicht mehr kämpfen brauchte. Ich war selber einige Jahre im Ältenstenkreis und ich konnte mit dafür sorgen, dass die Jugend „freie Bahn“ hatten. Sie mussten sich nicht mit uns auseinandersetzten. Ich nehme aber bei denen viel Beliebigkeit und Unverbindlichkeit wahr und vermisse ein klares Christsein. Von daher ist das Thema „Musik“ keine echtes Thema war. Ich wünschte mir wieder mehr „Auseinandersetzung“! Von daher bin ich mir nicht sicher, wie dieses „Publikum“ weiter zu erreichen ist. Ein anderer Aspekt ist, dass das wir unser Westerwälder-/Siegerländer-Christsein nicht sehr emotional erlebt haben. Und mit dieser Prägung läßt sich für mich die Bewegung der moderne Worship-Musik gem. Hillsong erklären. Ich gebe zu, trotz weiterhin Liebhaber der Rockmusik und gerne auch härterer Richtung (Unterstützer von Loud&Proud), spricht mich diese Musikrichtung stark an. Man könnte meinen, dass gerade in unseren konservativen Kreisen diese Musik ein Vakuum füllt und uns auf eine andere Weise näher zu Gott bringt. Ich habe bei uns versucht, diverse Konzertveranstaltungen zu etablieren, leider mit sehr unterschiedlichem „Erfolg“. Wir hatten Daniel Harter, Könige&Priester, Joshua Aaron, etc. bei uns. Die Akzeptanz oder Interesse hat leider nicht unsere Erwartung erfüllt. Vielleicht sind wir einfach zu satt? Oder die Begeisterung für ein erfülltes Leben mit Gott fehlt? Ich weiß es nicht. In meiner Jugendzeit haben wir im Umkreis von 50-100 km keine Veranstaltung ausgelassen! Als Veranstalter sind die „Finanzen“ zwar ein „weltliches“ Thema, aber nicht zu unterschätzen. Ich bin fest der Meinung, dass Künstler ihr Geld „wert“ sind, und dass ihnen eine gute Gage zusteht. Wenn aber bei guten Veranstaltungen nur 80-120 Leute kommen, stimmt die ganze Rechnung nicht mehr; und dauernd „drauflegen“ (privat oder als Gemeinde) ist schwierig. Wenn man aber auf der anderen Seite sieht, wofür locker Geld ausgegeben wird (Kino, Essen, etc.), dann frage ich mich tatsächlich nach den Prioritäten und stelle mein eigenes Engagement stark in Frage.

Einfach nur so ein paar Gedanken!

Gruss Thomas Wallmeroth



24.10.2020

Hallo Hans-Martin, sehr schönes Editorial!  Danke!

Stephan Berg


 
23.10.2020

Hallo Martin, auch dieses Review und Dein Brückenschlag zur heutigen Situation findet meine vollste Zustimmung, Kompliment. Ich freue mich auf jede neue Abhandlungen im GNL, mach weiter so !!

Burkhard Seibel


 
23.10.2020

Hallo Herr Wahler, ich möchte nicht zu viel anmerken: aber wir versuchen tatsächlich mit unserem Bandförderprojekt von Gospelhouse Siegen e.V. junge Bands sehr offen zu fördern und sie möglichst nicht einzuengen. Gleichzeitig freuen wir uns sehr, wenn sie Kontakt zu einer Gemeinde/einem CVJM/einem Jugendgottesdienst haben. Wir bieten ihnen professionelles Coaching bei hoher Eigenverantwortlichkeit (1x im Monat ca. 90 min in ihren Räumen - die Coachings übernehmen die Musiker von eigenart-music um Ecki Jung. Die Erfahrungen der letzten 5 Jahre mit Jugendbands zeigen: die Eigenverantwortlichkeit ist nicht so ganz leicht für sie :-) - regelm. Treffen und hohe Übungseinsatz ist eher selten. Und die Jugendbands haben oft so eine gemeinsame Zeit von 3-5 Jahren, dann gehen die Musikrichtungen und auch christlichen Interessen weiter auseinander. Ich bin gespannt, welche von den 7-8 Bands, die wir insgesamt jetzt hatten, wirklich überlebt. Einzelne Musiker / Musikerinnen spielen in anderen Formationen weiter oder wollen es sogar zum Beruf machen. Eigene Titel scheiben die meisten erst nach 2-3 Jahren miteinander covern. Eine Besonderheit bei uns ist auch, dass die enge Zusammenarbeit mit einzelnen Schulen eine Beschränkung ist: in Coronazeiten sowieso - aber auch Stundenplanprobleme oder dadurch, dass nur eine Jahrgangsstufe in die jeweilige Band involviert ist. Da hat sich gezeigt, dass es gut ist, wenn es daneben noch eine Organisation gibt/eine Gemeinde/einen CVJM, der Probe- und Auftrittsmöglichkeiten schafft. Wir werden sehen, wie das Projekt nach weiteren 3 Jahren aussieht, ob wir wirklich kreative, längerfristig existierende Bands in den Dörfern und Gemeinden haben.

Christoph Otminghaus


 
22.10.2020

Hallo Hans-Martin, hatte Deinen Newsletter mal an unseren Senior(en)pastor Bernd Gaumann als ehemaliges Mitglied des "Fietz-Teams" weitergeleitet und er schickte als Antwort ein kürzlich wiedergefundenes Plakat.

Wolfgang Fischer

(Click für Download in größerem Format)


 
22.10.2020

Hallo Hans-Martin, vielen Dank für den ausführlichen Ausflug in die Vergangenheit und die Zeit der OAS Siegen. Als heute knapp 63-jähriger kann ich mich A) an die Ära bestens erinnern und B) teile ich deine Bewertung und das notwendige „Ausgraben“ der kreativen Potenziale von Jung und Alt. Danke für deinen Dienst.

Reinhard Horn


 
22.10.2020

Lieber Hans-Martin, vielen Dank für das Editorial! Das hast du treffend und ansprechend formuliert! Auf bald und liebe Grüße

Florian Schnurr




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