ZUKUNFTSWERKSTATT | Nr. 11 | 23.09.2021

Was bedeutet der „Neue Standard” für Musikerinnen und Musiker?
 
Musikerin oder Musiker sein ist mit harter Arbeit verbunden – wer es schafft mit seiner Leidenschaft wirklich Geld zu verdienen, weiß, wovon ich spreche. Doch machen wir uns nichts vor, die letzten beiden Jahre waren hart. Keine Livekonzerte, keine Veranstaltungen, noch nicht einmal Musikunterricht konnte live stattfinden. Mein Sohn zum Beispiel, traf sich virtuell mit seinem Schlagzeuglehrer, was für beide Seiten ungewöhnlich war. So manch selbstständiger Musiker musste auch harte Verluste hinnehmen. Und doch hat uns diese Zeit mehr denn je gezeigt, wie sehr Menschen die Nähe zu Menschen suchen, wie wichtig Nahbarkeit und Vertrauen sind. Und wie uns Musik unterstützt – ich denke hier an die zahlreichen Balkonkonzerte. Jetzt steuern wir auf den „Neuen Standard” zu. Doch was bedeutet das speziell auch für selbstständige Musikerinnen und Musiker?
 
Fakt ist, dass wir alle nicht zaubern können und keiner die Uhren auf Null zurückstellen kann, wir befinden uns auf direktem Weg in die neue „Normalität” und es gilt, die Chancen auf diesem zu nutzen. Das heißt auch, professionell mit neuen Rahmenbedingungen umzugehen, was nicht immer einfach ist wie sich am Beispiel von Helge Schneider zeigt, der ein Konzert in Augsburg nach nur 30 Minuten abbrach und 900 verstörte Zuschauer zurückließ. Der Grund dafür war, dass er sich vom Gastronomiepersonal und dem Konzept hinter der Veranstaltung „massiv gestört” gefühlt habe. Mit den Worten: „Ich muss sagen, das geht mir ziemlich auf den Sack. Ich habe keine Lust mehr”, verließ er die Bühne und sagte auch alle weiteren Konzerte dieser Art ab und hinterließ einen „komischen Beigeschmack” bei seinen Fans. Als Personenmarke gilt es Verstörungen zu vermeiden. Wenn ein Musiker in seinem Song ständig eine „kleine Sekunde” spielt, ist Verstörung vorprogrammiert. Das Wort 'Verstörung' spielt eine essentielle Rolle im Personal Branding, da viele ein verstörendes Bild ihrer Marke nach außen abgeben. Ob in Social Media oder bei einem Gastauftritt auf der Bühne.
 
In Zukunft müssen wir uns alle auf einen neuen Standard einstellen und auch lernen, professionell mit den damit verbundenen Veränderungen umzugehen. Die hierfür entscheidenden Faktoren sind, aus meiner Sicht, unter anderem die Themen Purpose, Agilität, Personal Branding und Vertrauen.
 
Das Thema Purpose ist eng verknüpft mit der Sinnhaftigkeit. Diese wird gesellschaftlich wie politisch gerade an vielen Stellen in Frage gestellt und rückt dadurch immer mehr in den Vordergrund. Gerade Musikerinnen und Musiker sowie Selbstständige müssen zunehmend darüber nachdenken, wo innerhalb ihres Tuns und dem, was sie nach außen bringen, der Purpose sprich die Sinnhaftigkeit steckt. Auch die Authentizität fließt in den Purpose ein. Also ist das, was ich sage, deckungsgleich mit meinen Handlungen?
 
Eine große Kompetenz, die uns alle auf dem Weg zur neuen Norm begleitet, ist Agilität. Diese ist nötig, um – wenn es sein muss – jeden Tag neu zu justieren und flexibel zu reagieren. Auch wenn das im ersten Moment seltsam erscheint, wie beispielsweise der virtuelle Musikunterricht oder diverse Onlinekonzerte, liegt die Kunst darin, die Grenzen der Zukunft neu zu definieren.
 
Einer der wichtigsten Faktoren der letzten anderthalb Jahre ist Personal Branding. Die Menschen sind näher zusammengerückt, der Mensch steht im Mittelpunkt – es geht um Vertrauen, Verbundenheit und Personality. Glaubwürdigkeit und die gemeinsame Chemie bestimmen, ob ein Kunde zu Ihnen kommt oder sich einen anderen Partner oder Dienstleister sucht. Wie wichtig Personal Branding auch für Musiker ist, greift Dieter Falk, Musiker, Pianist, Komponist und Musikproduzent, in dem Vorwort von meinem Fachbuch „Das große Personal Branding Handbuch” auf, das alle, die Personal Branding professionell umsetzen wollen, lesen sollten.
 
Eng verbunden mit der eigenen Personality steht auch immer das Wort Vertrauen. Ein Musikschüler, der Ihnen nicht vertraut, wird nicht vorankommen – ebenso wenig werden Sie für Auftritte gebucht, wenn Sie nicht vertrauenswürdig sind. Wie also gelingt es, Vertrauen zu schaffen? Über Kundenreferenzen beispielsweise oder auch mithilfe von Testimonials kann Vertrauen generiert werden. Lassen Sie andere darüber berichten, wie die Zusammenarbeit mit Ihnen war und zeigen Sie diese Erfahrungen öffentlich auf Ihrer Website oder Ihren Social-Media-Kanälen. Beim Vertrauen geht es um Nähe und Sicherheit. Das ist gerade in einer Zeit, in der viele sich einfach unsicher fühlen, ein maßgeblicher Punkt.
 
Ich wünsche jedem von Ihnen, dass Sie die Chancen der neuen Normalität ergreifen, um als Musiker und eigene Personal Brand Ihre Zukunft stabil zu gestalten.
 
Ben Schulz / werdewelt



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